Ursula Scherrer:Hier – dort – jetzt
Ursula Scherrer schreibt zur Performance von Judith Huber anlässlich der Finissage der Ausstellung «Cool & caliente»* Am Samstag, 8.1.22, 17 Uhr vor der Galerie Vitrine in Luzern.
Ich bin hier.
Sie wechselt die Richtung
Ich bin hier
wieder ein Richtungswechsel sie spricht uns an ohne Eile
Es ist ein kalter Januar Spätnachmittag Zahlreiche Mensch:innen sind gekommen die Galerie stellte eine Feuerschale hin für die Frierenden
sie geht ein paar Schritte die Zuschauenden haben einen grossen Kreis um sie geformt
Du bist hier
sie spricht und ich spüre ihre Ruhe
Sie sind dort
sie spricht über die zwei Kubaner, die ausstellen sie waren zur Vernissage hier jetzt sind sie wieder dort auch Christoph stellt aus
Er ist hier
sie scheint jede und jeden von uns zu sehen und ist doch ganz bei sich sie hält ein weisses Kabel in der Hand lose gerollt ein Kreis
Du bist hier Ihr seid hier
Beziehung zum hier und dort und jetzt
ein Monat ist dazwischen mein Gedächtnis lässt mich im Stich und doch ist sie mir ganz präsent die Aktion die Performance und gleichzeitig kann ich nicht mehr sagen ob das Kabel über ihrer Schulter lag oder sie es doch in der Hand hält
sie beginnt damit zu spielen das Kabel ist sehr weiss es leuchtet in der Dämmerung die Rauhnächte sind erst gerade hinter uns
sie lässt eine Schlaufe los es entsteht eine Acht dann erinnert mich die Form an ein Ying Yang Symbol ihre Bewegungen voller Ruhe
sie zeichnet in den Raum sie zeichnet den Raum sie zeichnet in die Dunkelheit sie zeichnet eine Verbindung
neben mir flüstern zwei Verliebte auch das Beziehung
sie spricht vom Affen und vom Gletscher und davon dass nicht alles falsch ist von Astronauten home einem Barcode der zu Blumen wächst und von einem Maiskolben aus Steinchen
sie zeichnet und erzählt in Fragmenten sie dreht sich jede ist angesprochen ihre Stimme nicht laut und doch hörbar
ich bin hier
ist zu ihrem Sein geworden sie zeichnet weiter das Kabel kennt unzählige Formen unbewusst und doch bewusst lenkt sie es lässt es sich bewegen sehen wir einem Gedicht zu?
manchmal durchbricht jemand den Kreis und teilt für kurze Zeit den freien Raum mit ihr und dem Kabel unbewusst und verschwindet wieder in der Menge die Frau dessen unbeirrt zeichnet weiter erzählt uns dieses und jenes und doch alles nur in Brüchen Brüche gehalten vom Kabel
ein Kabel es verbindet es leitet Signale verkabeln
die Bewegung geht weiter die Ruhe breitet sich aus die Zeichnung zeichnet
es sind die Hände die Finger ein Magnet meiner Augen
ja, sie ist hier mit ihrem ganzen Sein
ihr seid hier
wir sind ganz hier bei ihr sie hält uns in Bann
sie sind dort
auch das Dort hat seinen Raum weg vom Hier
in der Ausstellung erkennen wir den Affen den Astronauten home die Gletscher Barcodes die zu Blumen wachsen einen Maiskolben aus Steinchen nicht alles ist falsch
*«Cool & Caliente», eine Ausstellung mit Arbeiten von Christoph Stehlin (CH), Alain Martinez Mengendez (CU), Camilo Salvador Diaz de Villavilla Soto (CU), www.galerie-vitrine.ch